Wenn Ihr in Ländern wohnt, in denen viel Geld für Kulturförderung zur Verfügung steht und Veranstaltungsorte und Künstler finanziell unterstützt werden, habt Ihr Glück und braucht vielleicht gar nicht weiterzulesen. In Deutschland, den USA und vielen anderen Ländern sieht es dagegen eher schlecht aus, zumindest für den Rock- und Pop-Bereich. Hier müssen sich Konzerte und Bands wirtschaftlich tragen, was immer schwieriger wird.
Neben den kommerziellen Clubs müssen auch DIY-Venues und Vereine wirtschaftlich arbeiten. Wenn sie zu viele unbekannte Bands veranstalten, können auch letztere ihre Miete und anderen Unkosten nicht bezahlen. Sie können zwar Auftritte unbekannter Bands mit anderen Veranstaltungen querfinanzieren, aber dafür braucht man eben auch viele gutfunktionierende Veranstaltungen.
Ohne Förderung muss sich die Kunst zwangsläufig stärker an der Nachfrage orientieren. Das heißt natürlich nicht, dass Ihr Musik machen sollt, die auf ein bestimmtes Publikum zugeschnitten ist. Authentizität ist für Euren Erfolg wichtig. Es heißt aber, dass Ihr Euch über die wirtschaftlichen Zusammenhänge in der Musikszene bewusst sein solltet. Ihr solltet wissen, was nötig ist, damit sich der Aufwand für Euch und die anderen Akteure in Eurer Szene auch lohnt.
Kunst oder Kommerz?
Die meisten Musiker wollen nur Songs schreiben, auftreten und Alben aufnehmen. Sie wollen sich nicht mit Organisation oder Werbung befassen. Zudem haben viele ein idealistisch verklärtes Bild und sich widersprechende Vorstellungen vom Künstler-Dasein auf der einen Seite und (finanziellem) Erfolg auf der anderen Seite. Ihre Band zu vermarkten und Geld zu verdienen hat für viele den Beigeschmack von „sich verkaufen“.
Das Bild der edlen Künstlerseele, die ihre Werke nur für sich selbst erschafft, entstammt der Epoche der Romantik. Seitdem gibt es auch die Vorstellung von Kunst gegen Kommerz. Mit Kommerz war in diesem Sinne allerdings etwas anderes gemeint als das, was viele Musiker heute darunter verstehen.
Gecastete Boy- und Girl-Groups und andere von großen Plattenfirmen gebastelte oder stark beeinflusste Gruppen fallen tatsächlich unter diesen Begriff. Da geht es nur noch um den Verkauf statt um künstlerischen Ausdruck. Wenn authentische Bands dagegen ein schlechtes Gewissen dabei haben, eine angemessene Bezahlung für Auftritte zu akzeptieren, dann fällt das eher unter Selbstzweifel oder Masochismus.
Streng nach der L’Art pour l’Art-Bewegung ist ein wahrer Künstler jemand, der gar nicht auftreten geschweige denn anerkannt sein will. Sobald Ihr gerne auftretet und Euch die Meinung des Publikums oder der Kritiker nicht egal ist, könnt Ihr Euch demnach getrost vom Ideal der wahren Kunst verabschieden und Euch über Fans und eventuell auch Einnahmen freuen.
Warum es für Eure Band wichtig ist, wirtschaftlich zu denken
Heutzutage können es sich viel mehr Leute leisten in Bands zu spielen als früher. Ihr könnt günstig Aufnahmen machen, Alben drucken, Cover drucken, die Musik im Internet selbst vertreiben, sich selbst touren buchen etc. Bis vor dreißig Jahren war das alles nur professionellen Musikern möglich, die es sich leisten konnten, andere für diese Dienstleistungen zu bezahlen.
Von damals stammen die großen Rockstars, und die Musik-Interessierten haben noch aktiv nach neuen Bands und Live-Konzerten gesucht. Heute können sich Musik-Fans vor Angeboten kaum noch retten. Ebenso bekommen Veranstalter und Booking-Agenturen Anfragen von Hunderten von Bands jeden Monat.
Wenn Ihr die Band nicht als reinen Zeitvertreib seht, viel auftreten und Alben produzieren wollt, dann lohnt es sich, Eure Band als Firma zu betrachten und Eure Musik und Eure Show als zwei Produkte von vielen, die sich nicht von selbst „verkaufen“ werden.
Damit spreche ich gar nicht von einer offiziellen Firmengründung, sondern erstmal von Eurer Sichtweise. Ich spreche auch nicht unbedingt von finanziellem Erfolg, da dieser für viele Bands nur eine Begleiterscheinung darstellt. Einigen ist das Geldverdienen sogar eher unangenehm, wobei es natürlich jedem freisteht, alle eventuellen Einnahmen an gemeinnützige Organisationen zu spenden.
Doch alle Bands wollen für gewöhnlich Anerkennung bekommen, vor allem in Form von begeisterten Zuschauern bei ihren Live-Konzerten. Wenn Euch das besser gefällt, könnt Ihr Euch auch als Verein oder Non-Profit Organisation betrachten, die ebenfalls wirtschaften müssen, um erfolgreich zu sein.
Read more → Wie es Euch hilft, Eure Band als Firma zu betrachten
Autor: Mary