Eure Band als Firma zu betrachten, bedeutet im Grunde nichts anderes als professioneller vorzugehen, im besten Sinne des Wortes. Je professioneller Ihr seid, desto mehr werdet Ihr Euch selbst schätzen und von anderen geschätzt werden. Folgende Punkte sollen Euch helfen, die nicht-künstlerischen Notwendigkeiten besser zu verstehen und anzuwenden.
Investieren
Geschäftsleute investieren erstmal, um Erträge erwirtschaften zu können. Ihr habt Proberaum-Miete, Instrumente und Equipment bezahlt, außerdem das Aufnahme-Studio, die Herstellung Eurer Alben, das Bedrucken von T-Shirts etc. Darüber hinaus kosten Euch die Auftritte Spritgeld, Tourbus-Miete und eventuell Backline-Miete. Leider hört es damit nicht auf. Jetzt müsst Ihr Euer Produkt auch noch bewerben. Werbung bedeutet, Euer Produkt möglichst vielen Menschen vorzustellen.
Ich bekomme immer wieder Anfragen für Auftritte von gänzlich unbekannten Bands. Sie schreiben „wir brauchen nur genug Geld, um unsere Ausgaben zu decken“, womit sie meistens die Tourbus-Miete und das Spritgeld meinen. Sie realisieren gar nicht, dass das schon ziemlich hohe und unrealistische Ansprüche sind. Es reicht eben nicht, ein Produkt wie z.B. eine Live-Show herzustellen und dann zu erwarten, dass die Leute es kaufen, also Eintritt dafür zahlen.
Ihr müsst am Anfang in den sauren Apfel beißen, soviel auftreten wie es nur geht und dabei leider ‘draufzahlen. Ihr sollt Euch nicht unter Wert verkaufen, aber ganz am Anfang Eurer Karriere habt Ihr eben noch keinen (finanziellen) Wert. Am Anfang kann es deshalb sinnvoll sein, Musik zu verschenken und für wenig bis gar kein Geld aufzutreten. Das sind sozusagen „Einführungspreise“ für Euer neues Produkt. Wenn sich Euer Produkt etabliert hat, könnt Ihr dafür auch angemessenes Geld verlangen.
Viele Musiker wollen sparen, wo es nur geht. Sie lassen ihre T-Shirts möglichst günstig herstellen, so dass die Kunden wenig Auswahl haben bei Shirts von schlechter Qualität mit eher unkreativem Aufdruck. Dabei wäre es doch von unschätzbarem Vorteil, wenn die Fans die Shirts nicht nur kaufen, sondern sie zudem noch gerne tragen. Die Fans sind wandelnde Werbeflächen, die sich an genau den richtigen Orten bewegen. Man sollte sich also beim Merchandise richtig viel Mühe geben und eventuell auch etwas mehr investieren.
Weiterlesen → Wie Ihr Eure Band bekannt macht
Zielgruppe definieren
Ihr solltet herausfinden, welche Leute Eure Musik mögen. Wie alt sie ungefähr sind, welche Bands/Musik sie sonst noch mögen, in welche Läden sie gehen, ob sie eher auf dem Land oder in Städten wohnen, welchen Lifestyle sie haben. Das ist dann Eure Zielgruppe.
In Eurer Region wird Euer Publikum wahrscheinlich Euch selbst spiegeln, aber das kann an anderen Orten ganz anders aussehen. Zum Beispiel habe ich mit einigen jungen Bands gearbeitet, die sich gewundert haben, wenn das Durchschnittsalter auf ihren Konzerten in manchen Städten bzw. Ländern über 40 lag, genauso ist es auch schon umgekehrt passiert. Das hängt zum Teil davon ab, welche Musik in der Szene der jeweiligen Tour-Region gerade angesagt ist. Letzteres kann sich wiederum alle fünf Jahre ändern.
Am Anfang kann man sich nicht unbedingt aussuchen, in welchen Läden man auftritt. Es ist dennoch wichtig, den Fokus auf Veranstaltungsorte mit den zu Euch passenden Besuchern zu richten. Viele Bands verschwenden ihre Zeit, indem sie sich immer wieder bei unpassenden Auftrittsorten bewerben.
Planung
Zunächst solltet Ihr bandintern über Eure Erwartungen sprechen. Je mehr Band-Mitglieder Ihr habt, desto mehr Meinungen, Wünsche, Vorstellungen gibt es. Nachdem Ihr geklärt habt, was und wen Ihr überhaupt erreichen und wieviel Zeit und Geld Ihr investieren wollt, könnt Ihr planen. Es gibt dazu ein gutes Buch von Jonathan Feist: „Project Management for Musicians: Recordings, Concerts, Tours, Studios, and More”.
Mir selbst hat es beispielsweise beim Buchen von vielen verschiedenen Touren sehr geholfen, die Touren als einzelne Projekte mit Zwischenzielen zu behandeln. Ihr müsst dabei nicht so detailliert vorgehen wie in dem Buch beschrieben. Aber es hilft Euch strukturierter vorzugehen, indem Ihr Eure nächsten Ziele festlegt und einzelne Projekte wie Album-Produktion oder Tour-Planung in verschiedene Phasen aufteilt. Auf diese Weise werdet Ihr Eure Ziele schneller und vor allem stressfreier erreichen und vermutlich auch bessere Ergebnisse erzielen.
Bei strukturiertem Vorgehen habt Ihr mehr Zeit für Eure Kreativität. Erfolgreich planen bedeutet auch weniger Frustration, weshalb Ihr vielleicht auch mit Eurer Musik zufriedener sein werdet.
Eins Eurer Ziele könnte dabei sein, nicht mehr Ausgaben als Einnahmen zu haben, so dass sich die Band von selbst trägt. Wenn die Band keine finanzielle Belastung für die Mitglieder mehr darstellt, trägt dies auch zur bandinternen Motivation bei.
Ihr werdet Eure Ziele einfacher erreichen und den Weg dahin mehr genießen können, wenn Ihr besser plant und die richtigen Prioritäten setzt.
Buchführung
Um die Übersicht über Eure Ausgaben zu bekommen, hilft eine Kostenaufstellung. Führt am besten Buch über Eure Ausgaben und Einnahmen. Wenn Ihr Euer privates Geld investiert, betrachtet es als Privateinlage. Schreibt auf, was Ihr für die Proberaum-Miete bezahlt, für Reparaturen von Equipment, Instrumentenzubehör, Kraftstoff, Tourbus-Miete, Merchandise, Druck von Flyern, Plakaten etc.
Wenn Ihr die Höhe Eurer Kosten kennt, fällt es Euch auch leichter, mit Veranstaltern über Eure Gage bzw. Aufwandsentschädigung zu verhandeln. Wenn Ihr eine gute Show anbietet, vor den richtigen Leuten spielt und diese begeistern könnt, gibt es keinen Grund, sich zu schämen, dafür Geld anzunehmen.
Eine Bandkasse hilft dabei, den Frieden in der Band zu wahren. Wenn Equipment-Reparaturen oder Instrumenten-Zubehör aus der Bandkasse bezahlt werden, kann zum Beispiel niemand dem Sänger vorwerfen, dass er weniger Ausgaben hat, aber dieselben Einnahmen wie alle bekommt. Auch wenn einem der Bandmitglieder der Bandbus gehört, könnte er zumindest einen Teil der Reparaturen, Versicherungen, Steuern und Wartungskosten aus der Bandkasse begleichen.
Am besten könnt Ihr mit einem eigenen Bandkonto private Ausgaben und Ausgaben für die Band trennen. Von dem Konto können wiederkehrende Ausgaben für Proberaummiete oder Merchandise abgebucht werden. Ich empfehle ein kostenloses Girokonto bei einer Direktbank wie comdirect, das nutze ich selbst auch. Die Gagen, die Ihr in bar bekommt, könnt Ihr an den dafür vorgesehenen Automaten einzahlen.
Bandinterne Jobs
Nicht alle Bandmitglieder investieren gleich viel Zeit und Arbeit in ihre Band. Es kann sehr viel stressfreier sein, wenn Ihr die anstehenden Aufgaben unter Euch aufteilt. Dabei muss man natürlich berücksichtigen, wem welche Aufgaben liegen und wer wie viel Zeit zur Verfügung hat, vor allem, wenn die Bandmitglieder Vollzeit-Jobs und/oder Kinder haben. Es muss auch nicht jeder gleich viel investieren, aber Ihr solltet doch darauf achten, dass alle mit ihren Rollen und ihrem Arbeitspensum zufrieden sind.
Es gibt viele Bands, in denen ein einziges Bandmitglied den Großteil der nicht-künstlerischen Arbeit übernimmt. Wenn er oder sie das freiwillig und gerne tut, dann ist das auch kein Problem. Man kann sich auch Arten der Aufwandsentschädigung für die „Macher“ ausdenken. Zum Beispiel kann ein Bandmitglied zum Band-internen Booker ernannt und ebenso wie ein außenstehender Booker bezahlt werden.
Wenn zum Beispiel Eure Schlagzeugerin von vergangenen Touren schon viele Kontakte zu Veranstaltern hat und Eure Shows bucht, würde sie einen gewissen Prozentsatz von den Gagen bekommen, bevor der Rest auf das Bandkonto geht oder zu gleichen Teilen an alle Bandmitglieder ausgezahlt wird. Oder wenn euer Gitarrist die Band zu den meisten Auftritten fährt, könnte man ihm zum Ausgleich andere Vorteile verschaffen. Das gleiche gilt für diejenigen, der immer am Merch-Tisch stehen, während die anderen sich nach der Show amüsieren oder ausruhen.
Solange Ihr noch keine anderen Leute für diese Aufgaben bezahlen könnt, teilt die Jobs innerhalb der Band so unter Euch auf, dass sich am Ende möglichst keiner überfordert fühlt.
Marketing
Überlasst die Werbung für Eure Band, Euer Album und Eure Auftritte nicht ausschließlich anderen Leuten. Natürlich ist das Label daran interessiert, Eure Alben zu verkaufen, und die Veranstalter sind daran interessiert, dass Leute zu Euren Konzerten kommen etc., aber niemandem ist es so wichtig wie Euch.
Solange Ihr noch nicht bekannt seid, verdient niemand viel Geld, indem Er Euch hilft, also läuft das Ganze eher auf der Basis von Gefallen. Deshalb dürft Ihr nicht zu viel erwarten. Selbst wenn die anderen Eure Produkte so gut es geht bewerben, bleiben Euch noch sehr viele Möglichkeiten, selbst für mehr Käufer und Zuschauer zu sorgen. Dazu könnt Ihr mehr im Artikel „Wie Ihr Eure Band bekannt macht“ lesen.
Fazit
Wenn Ihr ein gutes und zeitgemäßes Produkt habt, wenn Ihr wirtschaftlich denkt und bereit seid, in Marketing Zeit und Geld zu investieren, habt Ihr gute Chancen auf Erfolg, sei es Ruhm und Anerkennung und/oder ein Einkommen. Es hört sich nach viel Arbeit an, aber eigentlich geht es in erster Linie um Eure Einstellung.
Weiterlesen → Warum es Euch hilft, Eure Band als Firma zu betrachten
Autor: Mary